Politik & Gesellschaft

Die duale Ausbildung stärken heißt die Berufsschulen stärken

Die Technikerschulen sind mir als Berufsschullehrer natürlich sehr gut bekannt. Für Menschen mit einer Berufsausbildung ist der Besuch einer Technikerschule eine gute Aufstiegsfortbildung. Damit davon zukünftig mehr Personen profitieren können, hat der Bundestag das sogenannte Meister-BAföG reformiert und damit zum 1. August 2016 spürbare Leistungsverbesserungen auf den Weggebracht.

Vor allem durch die Anhebung des Zuschussanteils zu den Kosten der Fortbildung auf 40 Prozent (vorher 30,5 %) wird die finanzielle Belastung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer beruflichen Aufstiegsfortbildung deutlich verringert. Mit der weiteren Erhöhung des Zuschussanteils zum Unterhaltsbeitrag von 44 Prozent auf 50 Prozent, mit der Anhebung des Belohnungserlasses beibestandener Abschlussprüfung auf das Restdarlehen von 25 Prozent auf 40 Prozent und weiteren zahlreichen Erneuerungen wird das Meister-BAföG nachhaltig modernisiert und an aktuelle Anforderungen der beruflichen Aufstiegsfortbildung angepasst. Die Novelle hat insgesamt ein Jahresvolumen von rund 90 Millionen Euro im Jahr - damit steigern Bund und Länder ihre gemeinsame Bezuschussung deutlich.

Bevor man sich zum Techniker weiterbilden kann, steht erstmal die duale Ausbildung auf dem Programm. Die hiesige Berufsausbildung ist ein weltweit anerkannter Schlüsselfaktor für Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und hohe Beschäftigungsquoten. Die SPD-Bundestagsfraktion hat zur Stärkung der beruflichen Bildung in dieser Legislaturperiode bereits viel geleistet. Herzstück der Initiativen ist die Vereinbarung im Rahmen der "Allianz für Aus- und Weiterbildung", nach der mehrjunge Menschen in Ausbildung gebracht werden sollen. So wurde die Wirtschaft in die Pflicht genommen, 20.000 zusätzliche Ausbildungsplätze anzubieten. Mit der Einführung der assistierenden Ausbildung hat der Bund unterstützende Hilfen für die Auszubildenden und die Betriebe auf den Weg gebracht. Und wir haben das sogenannten "Meister-BAföG" reformiert, mit dem Ziel, die Förderleistungen zu verbessern und auszuweiten. Zurzeit arbeiten wir an der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes, um die Qualität der Ausbildung zu verbessern, damit sich wieder mehr junge Menschen für eine duale Ausbildung entscheiden.

Im Zusammenhang mit diesen Initiativen sollten wir unseren Blick auf ein weiteres Feld der beruflichen Bildung legen - die Rolle der Berufsschulen in Deutschland: Sie sind mitverantwortlich fürdie gut ausgebildeten Fachkräfte, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden.

Es gibt knapp 9.000 Berufsschulen in Deutschland. Sie sind traditionell nach Fachrichtungen unterteiltin kaufmännisch-verwaltend, gewerblich-technisch, hauswirtschaftlich-pflegerisch, landwirtschaftlichund bergbaulich. In den überwiegenden Fällen sind die Berufsschulen in kommunaler Trägerschaft.Von ihnen hängt die Ausstattung der Schulen ab; da sie die laufenden Sachausgaben sowie die Personalausgaben des nichtlehrenden Personals finanzieren. Die Bundesländer übernehmen die Sachausgaben als Zweckzuschüsse wie auch die Personalausgaben für das lehrende Personal und anteilig die Ausbildungsförderung. Im Schnitt tragen die Länder knapp 80 Prozent der Gesamtausgaben und die Kommunen etwas mehr als 20 Prozent. Für die Kommunen ist eine gutausgestattete Berufsschule ein klarer Wettbewerbsvorteil und ein Anker für die regionale Wirtschaft.

Die Auszubildenden sollen in der Regel in der Region, in der ihr Ausbildungsbetrieb liegt, auch zur Berufsschule gehen. Dies setzt voraus, dass dort das Berufsschulangebot für alle Ausbildungsfachrichtungen angeboten werden kann. Traditionell gibt es für Splitterberufe angesichtsder geringen Zahl an Auszubildenden Landes- oder sogar Bundesfachklassen. Aber auch bei starknachgefragten Ausbildungsberufen gelingt es nicht immer, ortsnah Fachklassen für die Auszubildenden einzurichten. Dies kann die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe negativ beeinflussen und für die Auszubildenden dazu führen, dass Wohn-, Ausbildungs- und Berufsschulortweit voneinander entfernt liegen. Stichproben-Befragungen haben ergeben, dass bundesweit mehr als ein Drittel der Auszubildenden zwischen den Kreisen oder über die Landesgrenzen hinwegpendeln. Und wiederum ca. 30 Prozent besuchen nicht die Berufsschule am Ausbildungsort. Hierstehen die Länder in der Verantwortung, durch gute Ansätze wie etwa durch die Senkung der Klassenmesszahlen, die Bildung von Fachklassen auf Berufsgruppenebene oder auch die Bildungangeordneter Fachklassen für Splitterberufe ein gutes Ausbildungsangebot auch im ländlichen Raumbereitzustellen.

Neben der regionalen Verzahnung von Ausbildungsbetrieb und Berufsschule ist von wesentlicher Bedeutung, dass die universitäre Berufsschullehrerausbildung in den Mittelpunkt der Debatte um die Zukunft der Berufsschulen gestellt wird. Dem Lehrpersonal an den Berufsschulen kommt eine zentrale Bedeutung zu. Sie vermitteln die berufsspezifische Grund- und Fachbildung und vertiefen die vorher erworbene Allgemeinbildung. Dennoch ist seit Jahren ein Abbau an Hochschullehrstellen und an Studiengängen im Bereich der Berufspädagogik zu verzeichnen. Dieser Trend muss gestoppt werden. Deshalb diskutieren wir in der SPD-Bundestagsfraktion aktuell, ob und in welcher Form das Studium der angehenden Berufsschullehrerinnen und Berufschullehrer durch eine gemeinsame Initiative von Bund und Ländern verbessert werden kann.

Rainer Spiering, MdB