Aus den Fachschulen

Hans-Böckler-Berufskolleg: Innovativ im Münsterland

tema-Ausgabe 04/2023

Innovativ im Münsterland

Münster – Fahrrad- und Universitätsstadt – Jura und Medizin, Westfälischer Friede, Klamaukkrimi, Assoziationen, die sofort in den Kopf kommen, aber Technologie, Innovation oder Ingenieurskunst scheinen im Idyll zwischen Aasee und Werse auf den ersten Blick keine Rolle zu spielen. Ein Trugschluss: Große und mittelständige Unternehmen, vor allem im Bereich Maschinenbau, Pharmazie und Chemie, innovieren in Münster und für den Globus. Ein Standort, der sein Potential erst entwickelt. Eher unauffällig, aber zielführend werkeln innovative mittelständige Unternehmen in der gepriesenen Parklandschaft. Reizvoll für eine Fachschule für Technik.

Das Hans-Böckler-Berufskolleg agiert in diesem Spannungsfeld. Die Fachschule des Hans-Böckler- Berufskollegs in Münster bietet aufbauend auf einer beruflichen Erstausbildung die Möglichkeit der Weiterbildung zur/m Techniker:in mit den Fachrichtungen Chemietechnik, Elektrotechnik und Maschinenbautechnik inklusive dem Bachelor Professional.

Das Studium an der Fachschule des Hans-Böckler-Berufskollegs erfolgt berufsbegleitend in vier Jahren. Die berufliche Praxis der Studierenden bestimmt den Unterricht, was eine starke Relevanz der Lerninhalte für den beruflichen Alltag bedeutet. Sie fördert sowohl die Motivation als auch die Innovationen für den Unterricht und viele Projekte. So fügt sich die Weiterbildung praxisnah in das Profil der anfordernden Unternehmen ein.

Technologische Schwerpunkte:

Der Fachbereich Chemietechnik bietet die Weiterbildung mit dem Schwerpunkt Labortechnik an. Im Münsterland gibt es zahlreiche Unternehmen und Institute, die im Bereich der Umwelt- und Lebensmittelanalytik oder im Pharmabereich tätig sind. Weitere berufliche Handlungsfelder stellen die Lack- und Kunststoffproduktion sowie die Kunststoffverarbeitung dar. Es geht um die Analyse, Planung, Entwicklung und Durchführung chemischer bzw. chemietechnischer Prozesse. Die Komplexität der Prozesse nimmt während der Ausbildung zu (Methodenwahl, Probenvorbereitung, Validierung, betriebliches Management usw.). Die Labore des Hans-Böckler-Berufskollegs bieten dabei die Möglichkeit, Versuche unter anderem zu den Bereichen AAS, GC, HPLC, UV-VIS und IR-Spektroskopie sowie zur Polarimetrie durchzuführen.

Der Fachbereich Maschinenbautechnik wird stark von den Anforderungen der mittelständigen Unternehmen im Münsterland beeinflusst. Die Weiterbildung beginnt mit kleinen und komplexen Aufgabenstellungen aus dem Bereich der klassischen Maschinenbautechnik, in denen Schwerpunkte der Statik, Festigkeitslehre und Konstruktionstechnik Anwendung finden. Durch den Einsatz von CAD-CAM Software werden digitale Konstruktions- und Fertigungsprozesse abgebildet. 3D-Drucker zur Prototypfertigung und Variantenkonstruktion für Konstruktionsmodelle stehen zur Verfügung. Die Erfordernisse in einer automatisierten Produktion werden in handlungsorientierten Aufgabenstellungen mit pneumatischen und hydraulischen Antriebskonzepten umgesetzt. Dabei kommen moderne SPS-Steuerungen und kollaborierende Roboter zum Einsatz.

Der Fachbereich Elektrotechnik beinhaltet ein großes Innovationspotential durch die Verknüpfung von moderner Antriebstechnik und vernetzter Automatisierungstechnik sowie die daraus resultierenden Anforderungen an die IT. Die zunehmende Vernetzung verschiedener Systeme in der Steuerung und Überwachung von Produktionsprozessen bildet einen Schwerpunkt. Es werden nicht nur klassische speicherprogrammierbare Steuerungen, sondern auch die Steuerung von Systemen mithilfe von Mikrocontrollern oder Single-Board-Computern in den Mittelpunkt gestellt. Der Austausch von Prozessdaten über offene Standards, wie etwa OPC UA oder die Verbindung von Sensoren und Aktoren mit den verschiedenen Diensten des Internets mithilfe von Node-RED, wird umgesetzt. Die Kooperation mit der Firma Siemens im Bereich der speicherprogrammierbaren Steuerung unterstützt die Weiterbildung. Als Cisco-Academy steht den Studierenden ein weitreichendes Angebot an Weiterbildung und Zertifizierung im Bereich der Vernetzung und IT-Sicherheit zur Verfügung.

Das Finale - die Projektarbeit:

Neben den Abschlussprüfungen stellt die Projektarbeit im siebten Semester für die Studierenden einen zentralen Punkt der Weiterbildung und eine große Herausforderung dar. Auf diese werden die Studierenden bereits im ersten Abschnitt der Weiterbildung vorbereitet, indem der fächerbezogene Unterricht für kleinere vorbereitende Projektarbeiten aufgelöst wird.

Die Studierenden arbeiten während des Abschlussprojektes in Teams mit drei bis fünf Mitgliedern. Als Auftraggeber der Projektarbeiten agieren zumeist Unternehmen, in dem ein Teammitglied beschäftigt ist. Die daraus resultierende Bindung zwischen der Projektgruppe und dem auftraggebenden Unternehmen sowie der Zeitraum eines halben Jahres ermöglichen Projektarbeiten von großem Umfang und hoher Komplexität. In dieser Phase erreichen die Studierenden einen hohen Zuwachs an Selbst- und Fachkompetenz. Viele erstellte Projektarbeiten begeistern durch die Innovationen, die von den Teams bei ihrer Arbeit ausgehen. Die Projektarbeit wird sowohl von den auftraggebenden Unternehmen als auch durch die Schule eng begleitet. In regelmäßigen Meilensteinsitzungen, zumeist in den Unternehmen, werden der aktuelle Stand des Projektes reflektiert, gelöste Problemstellungen dargestellt und aktuelle Herausforderungen erläutert. Die Unternehmen profitieren von den durchaus hohen Wertschöpfungen der Projektarbeiten.

Die öffentliche Projektpräsentation ist das Highlight im Schuljahr und lockt die Vertreter:innen der Unternehmen, viele ehemalige und zukünftige Techniker:innen ins Hans-Böckler-Berufskolleg.

Die enge Bindung zwischen den Studierenden, Betrieben und der Schule ist ein Schlüssel für eine erfolgreiche Weiterbildung, von der sowohl die Studierenden als auch die ortsansässigen Unternehmen profitieren. Ein weiterer Schlüssel ist der hohe Grad an selbstgesteuertem und projektorientiertem Lernen.

Die Weiterbildung fordert eine ständige Innovation sowohl von den Studierenden als auch von der Schule, die herausfordernd, aber auch sehr motivierend ist.