Seite 1 von 2.
CSU-Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler über die Zukunft der beruflichen Bildung in der digitalen Arbeitswelt Durch die Digitalisierung werden Deutschlands Gesellschaft, Wirtschaft und vor allem die Bildungslandschaft in eine ihrer dynamischsten Innovationsphasen der Geschichte eintreten. Für jeden Einzelnen bringen diese Entwicklungen nicht nur im Alltag, sondern auch in Ausbildung und Beruf neue Herausforderungen, aber vor allem viele Chancen mit sich.
Patrick Meinhardt, Generalsekretär
Bereits seit mehreren Jahren zeichnen sich in Deutschland zwei Trends ab, deren Wider-sprüchlichkeit auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar scheint. Einerseits beobachten wir seit Mitte der 90er Jahre eine Verdopplung der Studienanfängerzahlen, während die demo-grafische Entwicklung zu einem Rückgang der Geburten und damit der Schüler- und Absol-ventenzahlen führte. Andererseits klagen unsere Wirtschaftsunternehmen und insbesondere der Mittelstand über einen nie gekannten Mangel an beruflich qualifizierten Fachkräften, wäh-rend immer mehr junge Menschen an die Hochschulen strömen. Mit dem steigenden Bedarf an Nachfolgern für die Übernahme kleiner und mittelständischer Betriebe (KMU) trägt sich dieser Effekt mittlerweile bis in das Herz der deutschen Wirtschaft.
In der Frühzeit des Menschen markierte die erste Jagd den Übergang ins Erwachsenenleben. Heute ist diese Bewährungsprobe zwar ungefährlich, aber nicht minder bedeutend: Die Berufswahl begleitet uns ein Leben lang und ist ein wichtiger Teil unserer Identität. Dies erlebe ich immer wieder in meinem Wahlkreis bei den Abschlussfeiern von Handwerk, IHK, Berufs- und Hochschulen. Doch zunehmend ist die gewählte Antwort auf die Karrierefrage nicht final: Berufsbilder wandeln sich unter dem Einfluss tiefgreifender Veränderungen wie der Digitalisierung und die Notwendigkeit zur Weiterbildung steigt.
Der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Klagen über Fachkräfteengpässe sind bereits in aller Munde. Auch wenn es de facto (noch) keinen flächendeckenden Fachkräftemangel gibt, sind einzelne Branchen und Regionen bereits jetzt betroffen. Um dem entgegenzuwirken, sind Wirtschaft und Politik gleichermaßen gefragt:
Bevor Sie in die Lektüre dieses Artikels einsteigen, möchte ich Sie bitten, sich umzusehen und sich beim nächsten Gegenstand die Frage zu stellen, wie er entwickelt, hergestellt, installiert oder implementiert wurde. Welche Geschäftsprozesse stehen dahinter? Welche Qualifikationen sind dafür nötig?
„Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst“ heißt es in Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“. Ich füge ausdrücklich hinzu: Verachtet mir die Techniker nicht…“. Diese manchem vielleicht altväterlich anmutende Mahnung aus den „Meistersingern“ gilt nach wie vor, auch und erst recht im Zeitalter der Digitalisierung.
Die Technikerschulen sind mir als Berufsschullehrer natürlich sehr gut bekannt. Für Menschen mit einer Berufsausbildung ist der Besuch einer Technikerschule eine gute Aufstiegsfortbildung. Damit davon zukünftig mehr Personen profitieren können, hat der Bundestag das sogenannte Meister-BAföG reformiert und damit zum 1. August 2016 spürbare Leistungsverbesserungen auf den Weggebracht.
Auf dem Sprung zum digitalen Zeitalter und am Wendepunkt zur vierten industriellen Revolution befinden wir uns auch an einer entscheidenden Wegmarke, was unsere gesellschaftlichen und individuellen Vorstellungen von Bildung betreffen. Höchstes Ziel kann es dabei nicht sein, bestimmte Studierendenquoten zu erzielen oder bei PISA möglichst gut abzuschneiden. Gute Bildungspolitik sollte stattdessen zur Aufgabe haben, Menschen an jeder Station ihres Lebensweges durch Qualifikation zum Handeln zu befähigen. Auf direktestem Wege eröffnet berufliche Bildung ihren Absolventen diesen praktischen Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe.
Technisch motivierte junge Menschen, die die Schule verlassen, haben heute beste Chancen auf einen Ausbildungsplatz. Das ist eigentlich eine sehr gute Nachricht für den Nachwuchs der betrieblichen Berufsqualifizierung. Und auch eine gute Basis für die zukünftige Fortbildung zu hochqualifizierten Technikern/Technikerinnen und Meistern/Meisterinnen. Aber die Bewerber werden weniger. Die Studierneigung in Deutschland hat in den letzten Jahren derart zugenommen, dass einige Wissenschaftler schon von einem ‚Akademisierungswahn‘ sprechen. Ich möchte diesen Begriff nicht überstrapazieren, aber die Herausforderungen auch nicht kleinreden.